Das Oberlandesgericht (OLG) Rostock hat in einem Beschluss vom 3. April 2024 (Az. 7 U 2/24) entschieden, dass der Zugang einer einfachen E-Mail nicht durch einen Anscheinsbeweis als erfolgt angenommen werden kann, selbst wenn der Absender die Versendung der E-Mail nachweisen kann. Der Empfänger ist in solchen Fällen auch nicht verpflichtet, sein Posteingangsfach offenzulegen.
Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine Willenserklärung erst dann wirksam, wenn sie dem Empfänger zugeht, das heißt, wenn sie in dessen Machtbereich gelangt ist und unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Bei E-Mails bedeutet dies, dass der Absender den tatsächlichen Eingang der E-Mail im digitalen Postfach des Empfängers nachweisen muss. Der bloße Nachweis der Versendung reicht hierfür nicht aus.
Das OLG betonte, dass technische Störungen, wie etwa durch Spamfilter, dazu führen können, dass eine E-Mail nicht im Postfach des Empfängers ankommt. Daher sei der Zugang nicht so typisch, dass eine Beweiserleichterung in Form eines Anscheinsbeweises gerechtfertigt wäre. Der Absender muss den Zugang der E-Mail durch eine Empfangs- oder Lesebestätigung des Empfängers nachweisen.
Die Aufforderung, dass der Empfänger seinen E-Mail-Zugang offenlegen müsse, wies das Gericht als unverhältnismäßig zurück. Dies sei vergleichbar mit einer unzulässigen Durchsuchung von Briefkästen oder Wohnungen, um den Zugang eines per Post versandten Briefs nachzuweisen.
Diese Entscheidung steht im Einklang mit der überwiegenden Rechtsprechung, die einen Anscheinsbeweis für den Zugang einer E-Mail ablehnt. Einzelne abweichende Meinungen wurden ausdrücklich zurückgewiesen, insbesondere angesichts der technischen Unsicherheiten, die den E-Mail-Verkehr betreffen.
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